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Die Abmahnung des pflichtwidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers

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Geschrieben am: 24. September 2017
Geschätzte Lesezeit 6 Minuten

Die Abmahnung spielt im Arbeitsrecht im Zusammenhang mit der ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung die größte Rolle. Abgemahnt werden kann grundsätzlich nur ein Verhalten, auf das der Arbeitnehmer Einfluss hat und das er in Zukunft ändern kann. Mit der Abmahnung will der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer signalisieren, dass er das abgemahnte Verhalten des Arbeitnehmers nicht akzeptiert und es sich in Zukunft nicht wiederholen darf.

1. Was ist eine Abmahnung

Mit der Abmahnung will der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein vertragswidriges Verhalten deutlich machen. Es handelt sich hierbei um die Sanktionierung eines Verhaltens, mit dem der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Der Arbeitgeber muss den Verstoß so konkret bezeichnen, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten in Zukunft darauf einstellen – es steuern - kann, sodass sich sein Fehlverhalten nicht wiederholt.

Abmahnwürdiges Verhalten stellt beispielsweise häufiges Zuspätkommen zur Arbeit, Beleidigung von Arbeitskollegen oder des Arbeitgebers, Surfen im Internet während der Arbeitszeit, Arbeitsverweigerung, Ausübung verbotener Nebentätigkeit, unentschuldigtes Fehlen oder nicht rechtzeitige Krankmeldung etc. dar. In all diesen Fällen wird dem Arbeitnehmer ein konkretes vertragswidriges Fehlverhalten vorgeworfen, das er in der Zukunft abstellen soll. Um dies deutlich zu machen, kann der Arbeitgeber den Ausspruch der Abmahnung wählen, die im Wesentlichen zwei Funktionen hat.

a) Rügefunktion

Durch den Ausspruch der Abmahnung soll dem Arbeitnehmer vor Augen geführt werden, dass sein Verhalten in der Zukunft nicht mehr toleriert werden wird und er sich zukünftig vertragsgemäß zu verhalten hat.

b) Warnfunktion

Mit der Abmahnung des konkreten Verhaltens zeigt der Arbeitgeber auf, was zukünftig passieren kann, wenn sich der Arbeitnehmer weiterhin pflichtwidrig verhält. Oftmals beinhalten Abmahnungen eine Androhung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sich das Fehlverhalten wiederholt. Sollte die Androhung der Kündigung im Wiederholungsfall nicht ausgesprochen worden sein, könnte es sich lediglich um eine Ermahnung und nicht um eine Abmahnung handeln. Hierbei kommt es stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an.

2. Bedarf die Abmahnung einer besonderen Form?

Nein, die Abmahnung bedarf als geschäftsähnliche Handlung keiner besonderen Form, sondern kann sowohl schriftlich als auch mündlich vom Arbeitgeber ausgesprochen werden. Um im Zweifelsfall nachweisen zu können, dass eine hinreichend konkrete Abmahnung mit der Androhung der Kündigung im Wiederholungsfall ausgesprochen wurde, empfiehlt es sich für Arbeitgeber die Abmahnung schriftlich auszusprechen, sich den Erhalt vom Arbeitnehmer bestätigen zu lassen und zur Personalakte zu nehmen.

3. Muss vor dem Ausspruch einer Kündigung immer abgemahnt werden?

Grundsätzlich ist es so, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit immer das letzte Mittel sein muss. Können die Störungen im Arbeitsverhältnis auch auf andere Weise ausgeräumt werden, sind diese milderen Mittel vor dem Ausspruch der Kündigung auszuschöpfen. Hierunter zählen z.B. die Abmahnung, Versetzung oder auch eine Änderungskündigung. Es ist allerdings nicht so, dass jede Kündigung ohne vorherigen Ausspruch einer Abmahnung per se unwirksam ist. Hier kommt es immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an und es ist zu würdigen, wie schwer das Fehlverhalten des Arbeitnehmers wiegt. Ist es für den Arbeitgeber unter Berücksichtigung des konkreten Pflichtenverstoßes zumutbar, den Arbeitnehmer weiter in seinem Betrieb zu beschäftigen, wäre eine Kündigung unwirksam und es hätte zuvor eine Abmahnung als milderes Sanktionsmittel ausgesprochen werden müssen. Die Kündigung wäre in diesem Fall gemäß § 1 Abs. 2 KSchG nicht sozial gerechtfertigt.

Ist jedoch das Fehlverhalten des Arbeitnehmers bzw. der Vertrauensverstoß so erheblich, dass dem Arbeitgeber vor dem Ausspruch der Kündigung eine mildere Sanktion etwa in Form der Abmahnung nicht zumutbar ist, besteht die Möglichkeit das Arbeitsverhältnis direkt zu kündigen. Ein Beispiel hierfür ist die Begehung einer Straftat durch den Arbeitnehmer zulasten des Arbeitgebers (Betrug gemäß § 263 StGB, Untreue gemäß § 266 StGB oder auch eine Körperverletzung gemäß § 223 StGB etc.).

4. Muss vor dem Ausspruch einer Abmahnung der Betriebsrat beteiligt werden?

Nein, der Betriebsrat ist nicht zu beteiligen. In § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist zwar ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb normiert. Mit dem Begriff des Verhaltens des Arbeitnehmers ist nach der Rechtsprechung jedoch nicht das Leistungsverhalten gemeint, sondern nur das Ordnungsverhalten.

5. Wie kann ich mich gegen eine Abmahnung wehren?

Wenn der Arbeitnehmer der Meinung ist, die Abmahnung ist zu Unrecht ausgesprochen worden bzw. er habe das ihm vorgeworfene arbeitsvertragliche Fehlverhalten nicht begangen, ist die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gegenüber dem Arbeitgeber im Wege der Leistungsklage vor dem Arbeitsgericht geltend zu machen.

Der konkrete Klageantrag lautet: Der Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom … (konkretes Datum) aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

6. Muss ich gegen die Abmahnung innerhalb einer bestimmten Frist vorgehen?

Nein, bei der Abmahnung gibt es im Unterschied zur Kündigung und der dort geltenden Dreiwochenfrist hinsichtlich der Erhebung der Kündigungsschutzklage keine zu beachtende Klagefrist. Sollte der Arbeitnehmer nach einer bereits erfolgten Abmahnung erneut einen arbeitsvertraglichen Pflichtenverstoß begangen haben, woraufhin der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht, ist der Arbeitnehmer dazu berechtigt, im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens die zuvor ausgesprochene Abmahnung anzugreifen. Hat der Arbeitnehmer im Verfahren vor dem Arbeitsgericht mit seiner Klage gegen die Abmahnung Erfolg, würde dies bedeuten, dass sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen kann, dass der Arbeitnehmer in der Vergangenheit das abgemahnte Fehlverhalten begangen hat, mit der Folge, dass das neuerliche Fehlverhalten, das jetzt zu der Kündigung führte, zunächst hätte abgemahnt werden müssen und damit die jetzige Kündigung unwirksam ist.

7. Muss der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen?

Nein, der Arbeitgeber ist in seiner Entscheidung, ob er ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers abmahnt oder nicht, grundsätzlich frei. Es besteht auch keine Pflicht oder eine bestimmte zeitliche Grenze, innerhalb derer der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zeitnah nach der arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung abzumahnen hat. Dies ist auch noch Wochen oder Monate später möglich. Soweit allerdings zwischen dem Verstoß des Arbeitnehmers und dem Ausspruch der Abmahnung ein erheblicher Zeitraum liegt oder der Arbeitgeber signalisiert hat, das Verhalten nicht abzumahnen, kann das Recht des Arbeitgebers zur Abmahnung im Einzelfall nach § 242 BGB verwirkt sein, wenn der Arbeitnehmer erwarten durfte, wegen seines Verhaltens nicht mehr abgemahnt zu werden.

Ähnlich ist die Situation, wenn der Arbeitgeber wegen einer Vielzahl gleichartiger Pflichtverletzungen unzählige Abmahnungen ausspricht und stets mit dem Ausspruch der Kündigung droht. Mit diesem Verhalten relativiert der Arbeitgeber gerade die Warnfunktion einer Abmahnung und erzeugt beim Arbeitnehmer den Eindruck, dass sein Fehlverhalten nicht so schlimm gewesen sein muss, da der Arbeitgeber daraus keine schärferen Konsequenzen wie z.B. den Ausspruch der Kündigung herleitet. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber die letzte Abmahnung besonders konkret und deutlich zu formulieren, um darauf folgend eine wirksame Kündigung auszusprechen.

8. Ist es ratsam gerichtlich gegen eine Abmahnung vorzugehen?

Insbesondere bei dieser Frage ist der Rechtsanwalt seinem Mandanten gegenüber verpflichtet, ihn genauestens darüber aufzuklären, was ein Erfolg und was eine Niederlage vor dem Arbeitsgericht in Bezug auf die konkrete Abmahnung bedeuten würde.

Zunächst gilt es zu berücksichtigen, dass ein Rechtsstreit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nachdrücklich belasten kann.

Hat der Arbeitnehmer mit der von seinem Rechtsanwalt geltend gemachten Klage gegen die Abmahnung Erfolg, steht mit dem Urteil des Arbeitsgerichts fest, dass in Bezug auf das vorgeworfene Fehlverhalten gerade keine Abmahnung ausgesprochen werden durfte. Das bedeutet für die Zukunft, dass der Arbeitgeber sich bei dem Ausspruch einer Kündigung gerade nicht darauf berufen kann, dass der Arbeitnehmer in der Vergangenheit wegen einer Pflichtverletzung bereits abgemahnt wurde und jetzt nach weiteren gleichartigen Pflichtverletzungen nur noch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bleibt. Das seinerzeit abgemahnte Fehlverhalten wird so behandelt, als wäre es nicht erfolgt und die Abmahnung ist aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts aus der Personalakte zu entfernen.

Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer mit seiner Klage unterliegt. Damit steht fest, dass er das konkrete Fehlverhalten begangen hat und es abgemahnt werden durfte. Sollte der Arbeitgeber in der Zukunft wegen erneuter Pflichtverletzungen das Arbeitsverhältnis kündigen, kann er sich sicher sein, dass das Arbeitsgericht die seinerzeit erfolgte Abmahnung als wirksam angesehen wird, so dass der Erfolg des Arbeitgebers in dem vorangegangenen Verfahren wegen der Abmahnung eine gewisse Beweissicherung zu seinen Gunsten herbeiführt.

Im Ergebnis muss der Rechtsanwalt seinen Mandanten unbedingt auf diese Risiken hinweisen und je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls abwägen, ob eine Klage gegen die ausgesprochene Abmahnung Erfolg haben wird oder nicht. Dies gilt insbesondere deshalb, da es bei dem Ausspruch einer Abmahnung keine Frist gibt, innerhalb derer gerichtliche Schritte einzuleiten wären, sodass bei unklarer Sach– und Rechtslage eher von einer separaten Klage gegen die Abmahnung abgesehen und diese vielmehr im Zuge der Kündigungsschutzklage angegriffen werden sollte.

9. Kann der Arbeitgeber wegen des gleichen Verhaltens abmahnen und gleichzeitig kündigen?

Nein, das geht nicht. Soweit der Arbeitgeber hinsichtlich eines bestimmten Fehlverhaltens des Arbeitnehmers eine Abmahnung ausspricht, ist dieses Verhalten sanktioniert und kann deshalb nicht gleichzeitig zum Ausspruch einer wirksamen Kündigung führen. Mahnt der Arbeitgeber trotzdem ab und kündigt wegen des gleichen Pflichtenverstoßes das Arbeitsverhältnis, ist gegen die unwirksame Kündigung innerhalb der Dreiwochenfrist Klage einzureichen.

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