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Adhäsionsverfahren - Schadensersatz und Schmerzensgeld im Strafverfahren

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Geschrieben am: 6. Juni 2016
Geschätzte Lesezeit 5 Minuten

Durch die Vorschriften des Adhäsionsverfahrens in den §§ 403 ff. StPO hat der Gesetzgeber die Rechte des Verletzten im Strafverfahren - wie ebenfalls durch die Nebenklage - weiter gestärkt. Vereinfacht gesagt wird durch diese Vorschriften dem Verletzten einer Straftat - z.B. einer Körperverletzung - die Möglichkeit eröffnet, seine zivilrechtlichen Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld direkt im Rahmen des Strafverfahrens einzuklagen.

Beispielsfall: Der Täter schlägt dem Opfer mit der Faust in das Gesicht und verursacht hierdurch einen Nasenbeinbruch. Das Opfer erstattet Strafanzeige und die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage vor dem Amtsgericht. Das Opfer möchte sich durch einen Rechtsanwalt im Rahmen des Strafverfahrens vertreten lassen und die ihm zustehenden Schmerzensgeldansprüche direkt geltend machen.

Grundsätzlich ist das Strafverfahren von einem Zivilverfahren streng zu trennen, auch wenn ein und derselbe Sachverhalt zugrundeliegt. Im Rahmen des Strafverfahrens geht es in erster Linie darum, dass der Strafanspruch des Staates durchgesetzt wird, indem die begangenen Straftaten beispielsweise durch die Verhängung einer Freiheitsstrafe, einer Geldstrafe oder auch dem Entzug der Fahrerlaubnis sanktioniert werden.
Demgegenüber geht es im zivilrechtlichen Verfahren darum, dass das Opfer der Straftat seine daraus resultierenden Schäden ersetzt verlangen kann, in dem oben genannten Beispielsfall also die Forderung von Schadensersatz oder Schmerzensgeld aufgrund der Körperverletzung und des damit einhergehenden Nasenbeinbruchs.

Das Strafverfahren und das Zivilverfahren stehen rein rechtlich völlig selbstständig nebeneinander und entfalten zueinander keine rechtliche Bindungswirkung. Diese Problematik hat auch der Gesetzgeber erkannt und in den letzten Jahren die Rechte von Opfern durch die Vorschriften der Nebenklage nach §§ 395 ff. StPO sowie durch die Vorschriften im Adhäsionsverfahren nach §§ 403 ff. StPO erheblich gestärkt. Durch das Adhäsionsverfahren wird dem Verletzten einer Straftat die Möglichkeit gegeben, die Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld – also zivilrechtliche Ansprüche – direkt im Rahmen des Strafverfahrens einzuklagen. In diesem Zusammenhang ist der Begriff des Verletzten so zu verstehen, dass hiermit jede Person gemeint ist, der aus der abzuurteilenden Straftat unmittelbar vermögensrechtliche Ansprüche erwachsen sind; also nicht ausschließlich lediglich das direkte Tatopfer.

Adhäsionsantrag stellen: Vorteile für den Geschädigten

Die Vorteile für das Opfer durch das Stellen eines konkreten Adhäsionsantrages direkt am Strafverfahren teilzunehmen sind sehr vielzählig.

Zum einen besteht die Möglichkeit, sich in dem Strafverfahren gegen den Beschuldigten durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen und im Rahmen dessen zunächst einmal Akteneinsicht zu beantragen. Durch die Gewährung der Akteneinsicht ist der Rechtsanwalt in der Lage, das Opfer über seine Ansprüche zu beraten und im Rahmen dessen erfolgt indirekt gleich die Vorbereitung auf den Strafprozess, in dem das Opfer zumeist als Zeuge aussagen muss, was oftmals mit einer enormen psychischen Belastung einhergeht. Um diese belastende Situation nicht alleine durchstehen zu müssen, kann sich der Verletzte einer Straftat nicht lediglich im Vorfeld eines Strafverfahrens der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen, sondern der Rechtsanwalt kann für seinen Mandanten aktiv am Strafprozess und insbesondere an den Hauptverhandlungsterminen teilnehmen.
Zum anderen wird durch die Stellung eines Adhäsionsantrages im Rahmen des Strafverfahrens die zivilrechtliche Seite der Angelegenheit wesentlich beschleunigt, denn nicht selten gestalten sich die Fälle in der Praxis so, dass ein nicht anwaltlich vertretenes Opfer einer Straftat zunächst den gesamten Strafprozess abwartet und erst danach seine zivilrechtlichen Forderungen geltend machen will bzw. erst danach erfährt, dass seine eigenen Ansprüche im strafrechtlichen Verfahren überhaupt nicht Gegenstand des Verfahrens sind, sondern diese separat vor den Zivilgerichten eingeklagt werden müssen. Aufgrund der Tatsache, dass ein Strafverfahren relativ umfangreich sein und deshalb mehrere Monate oder sogar Jahre andauern kann, ist es nur von Vorteil, wenn das Opfer seine Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche direkt im Strafverfahren geltend macht und nicht erst Jahre später, wenn unter Umständen sogar schon die Verjährung der Ansprüche eingetreten ist.

Durch die Stellung eines konkreten Adhäsionsantrages, also beispielsweise die Zahlung von Schmerzensgeld aufgrund des Nasenbeinbruchs, wird das Strafgericht dazu verpflichtet, über den Antrag in Form eines Urteils zu entscheiden. Nur in absoluten Ausnahmefällen darf das Gericht von einer Entscheidung über die zivilrechtlichen Ansprüche absehen, wenn beispielsweise die Prüfung der zivilrechtlichen Ansprüche eine Verzögerung des Strafverfahrens verursachen würde.

Einen weiteren Vorteil stellt es dar, dass bei einem Adhäsionsverfahren die Prozessmaxime des Strafrechts und hierbei insbesondere der Amtsaufklärungsgrundsatz gelten. Während das Opfer einer Straftat in einem Zivilprozess dem Gericht eigenständig den kompletten anspruchsbegründenden Sachverhalt vorbringen und durch Angabe von Zeugen, Sachverständigen und Urkunden etc. darlegen muss, gilt im Strafprozess der Amtsaufklärungsgrundsatz, d.h. das Gericht hat von Amts wegen alle möglichen Beweismittel auszuschöpfen, die zu einer Verurteilung des Täters führen können. Hierdurch wird durch das Gericht sowie durch die Staatsanwaltschaft in Form der Erhebung der Anklage gleichzeitig der Sachverhalt aufgeklärt, der für den Anspruch des Verletzten auf Schadensersatz maßgebend ist und das stellt eine enorme Vereinfachung der Realisierung der Rechte des Geschädigten dar.

Darüber hinaus ist diese Verfahrensweise deshalb besonders effektiv, da das Strafgericht mit der Materie und dem gesamten Sachverhalt bereits vertraut ist, denn schließlich wurden in diesem Verfahren die Zeugen und Sachverständigen angehört, Urkunden verlesen et cetera. Ein separates Verfahren vor einem Zivilgericht würde bedeuten, dass sich das Gericht in diesen Sachverhalt komplett neu einarbeiten müsste.

Zuletzt stellt es einen wesentlichen Vorteil des Adhäsionsverfahrens dar, dass das Opfer einer Straftat im Rahmen des Strafverfahrens direkt eine gerichtliche Entscheidung über seine Ansprüche erhält. Diese Entscheidung über den Adhäsionsantrag - in dem Beispielsfall als die Verurteilung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes - steht einem zivilrechtlichen Titel (Urteil) gleich. Das bewirkt zum einen, dass nach dem Strafprozess nicht noch ein komplett neuer Zivilprozess vor den Zivilgerichten zu führen ist. Aufgrund der Tatsache, dass selbst eine Verurteilung des Täters im Strafprozess in rechtlicher Hinsicht keine Bindungswirkung für ein Zivilgericht entfaltet, müsste aufgrund der fehlenden Bindungswirkung des Strafurteils in einem zivilrechtlichen Verfahren der gesamte Sachverhalt, der bereits Gegenstand des Strafverfahrens gewesen ist, nochmals durch eine Beweisaufnahme in Form der Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen etc. zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden. Insbesondere bei Strafverfahren, die einen sexuellen Hintergrund zum Gegenstand gehabt haben, stellt es für die Opfer/ Verletzten der Tat eine große psychische Belastung dar, nach dem Strafprozess noch einen genauso belastenden Zivilprozess führen zu müssen, um seine Ansprüche durchsetzen zu können.

Durch die Geltendmachung der zivilrechtlichen Ansprüche in einem Adhäsionsverfahren werden alle diese Probleme vermieden und das Opfer einer Straftat kann seine Ansprüche effektiv und schnell durchsetzen, da die Entscheidung des Strafgerichts auf den Adhäsionsantrag gem. § 406 III StPO einen zivilrechtlichen Vollstreckungstitel darstellt, der durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt werden könnte, sollte der Verurteilte das Schmerzensgeld nicht freiwillig zahlen.

Gerne erläutere ich Ihnen die auch kombinierbaren Anträge im Adhäsionsverfahren und der Nebenklage in einem persönlichen Gespräch oder vorab informatorisch per Telefon oder E-Mail.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Rechtsanwalt in Braunschweig
Franco Zauner

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